oft wird das hufeisen als ein glückssymbol der neueren christlichen tradition betrachtet. eine gängige erklärung, die man oft hört, lautet: bauern hätten sich eigentlich keine hufeisen leisten können und sich daher unbändig gefreut, wenn sie am straßenrand ein hufeisen gefunden hätten. aber ich vermute, die tradition dieses symbols reicht weiter zurück als nur bis zum christentum:
hufeisen wurden ja nicht erfunden, um hufe zu schützen. dafür gab es schon in der antike hufschuhe. diese ersten hufschuhe wurden von eroberern wie alexander dem großen und den armeen von großreichen wie den römischen legionen verwendet, wenn sehr lange strecken auf befestigten straßen oder hartem steinigen gelände zurückgelegt werden sollten.
aber die hufeisen haben eine andere geschichte. die keltenstämme haben wahrscheinlich diese art der schmiedekunst erfunden, um sich und ihre pferde für den kampf zu rüsten. die streitrosse der kelten konnten im kampf auch austreten um sich zB gegen angreifende fußsoldaten zu verteidigen, der beschlag fungierte hier wie eine waffe. gern wurden die eisen im guerillakrieg gegen die römischen truppen auch verkehrt herum angebracht, um feindliche spurenleser zu verwirren.
dabei spielte jedoch auch magisches denken eine rolle, ein beschlagenes pferd galt als „tapfer und dem reiter treu ergeben“. ein pferd als reittier zu zähmen hing spirituell mit der rituellen handlung des beschlagens zusammen. das donnern der metallisch verzierten und verhärteten hufe auf dem boden gemahnte an die übernatürlichen pferde der götter. die keltische kultur zeigt sich sehr stark in den erzeugnissen und artefakten ihrer schmiedekunst: komplizierte labyrinthische knotenmuster, schalen, kessel und metallene ringe, die arme, handgelenke, hälser, köpfe, taillen, fußknöchel, finger und eben auch hufe zierten.
das symbol der nach oben offenen mondsichel, des kelches oder der hörnerschale zieht sich als fruchtbarkeits- und glückssymbol durch viele kulturen, auch durch die keltische. so verwundert es nicht, dass auch das hufeisen als kelch, der das glück enthält, gelesen wurde. es sollte dem reiter und seinem pferd glück bringen und hatte zudem eine typisch mondschalenartige zierform.
dass bauern sich über den fund eines hufeisens so derart gefreut haben sollen, dass es dadurch seinen glückssymbolcharakter erhalten hat, macht dagegen wenig sinn. denn auf den weichen äckern, wiesen und waldwegen der bauern von einst waren keine hufeisen nötig, eher störend. hufeisen sind seit jeher im militärischen beheimatet und haben ihre große verbreitung seit der frühen neuzeit der vormacht des militärisch-industriellen komplexes zu verdanken.
und bis heute schwingt viel magisches denken mit beim glauben an den sinn von hufeisen. anders lässt sich das festhalten an dieser heute eigentlich unnötigen praxis kaum erklären. denn den pferden haben sie leider nur wenig glück gebracht, sie wurden zu einem mittel, um ihre belastungsgrenzen noch weiter auszureizen und sie maximal als fortbewegungsmittel ausbeuten zu können.
auch im umgang heutiger hufschmiede mit ihren klienten finden sich noch viele hinweise auf eine art magischer verbindung zwischen dem zähmen und dem beschlagen eines pferdes. wie oft erhält man beim hufschmiedetermin völlig ungebetene erziehungsratschläge für sein angeblich „freches“ pferd, wie oft herrscht ein militärischer tonfall und wird der fertige beschlag als sieg des menschen und seiner technik über die natur gefeiert. das erbe der kelten? oder der geist der kapitalistischen wirtschaftskriege?